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Zum Ende der Seite springen Porsche 917 - Die Geschichte.
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Manfred Placzek
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Dabei seit: 17.02.2006
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Text Porsche 917 - Die Geschichte. Auf diesen Beitrag antworten Zitatantwort auf diesen Beitrag erstellen Diesen Beitrag editieren/löschen Diesen Beitrag einem Moderator melden       Zum Anfang der Seite springen

Als das Haus Porsche auf dem Genfer Automobilsalon 1969 ihren neuen Rennwagen vom Typ 917 präsentierte, glich dies einer Sensation. Hatte sich Porsche bisher darauf beschränkt, kleine und leichte Fahrzeuge zu entwickeln, die auf Grund Ihrer Konstruktion durchaus in der Lage waren, gegen die Hubraum- und Leistungsmäßig überlegene Konkurrenz um Siege zu fahren, so griff man mit dem Typ 917 nun auf gleicher Augenhöhe an.

Das neue Rennfahrzeug hatte Ferdinand Piëch, der Neffe von Porsche Chef Ferry Porsche, trotz großer Bedenken der Geschäftsleitung und mit massiver, finanzieller Unterstützung durch Volkswagen in Rekordzeit für die neue Sportwagenklasse bis 5 Liter Hubraum entwickeln lassen. Diese neue Kategorie sah vor, dass 25 identische Fahrzeuge zur Homologation gebaut werden mussten - ein enormer Kraftakt für einen so kleinen Hersteller wie es Porsche damals war.
Da Volkswagen auf einem luftgekühlten Motor bestand, konstruierte das Team von Ingenieur Hans Metzger einen luftgekühlten, 4,5 Liter großen 12 Zylinder Motor mit Mittelabtrieb auf Basis des 3 Liter 8-Zylinder Aggregats, das im Typ 908 eingesetzt wurde. Schon in der ersten Ausführung stellte diese Maschine mit der Bezeichnung 912 580 PS zur Verfügung. Den Nachteil des gegenüber den Mitbewerbern kleineren Hubraums wollte man durch den bei Porsche üblichen Leichtbau wieder wettmachen.

Die Karosserieform glich der des bewährten Porsche 908 und wies als Besonderheit einen bei Bedarf anschraubbaren Langheckansatz auf. Zudem hatte sich Porsche am Heck ein System mit beweglichen Spoilerklappen einfallen lassen, das über Streben mit der hinteren Radaufhängung verbunden war. Federte das Fahrzeug hinten aus, stellten sich die Klappen steiler in den Fahrtwind, beim Einfedern gingen sie in eine flachere Position und zwar für für jedes Rad getrennt. Diese Technik verwendete man sowohl mit wie auch ohne Langheckansatz.

Die Euphorie über das neue Auto verschwand aber schlagartig nach den ersten Testfahrten, denn der Wagen legte ein unberechenbares, ja geradezu heimtückisches Fahrverhalten an den Tag. Vor allem in schnellen Passagen war das Heck des Fahrzeugs extrem unruhig. Außerdem waren die recht schmalen Reifen mit der enormen Leistung schlicht überfordert.

Seinen ersten Renneinsatz erlebte der Porsche 917 beim 1000 km Rennen im Belgischen Spa, bei dem Jo Siffert/ Brian Redman mit dem neuen Fahrzeug (Chassis 003) in 3:41, 9 min die schnellste Trainingszeit fuhren, im Rennen aber doch auf den bewährten 3 Liter Typ 908 L zurückgriffen und damit gewannen. Das Schwesterauto von Gerhard Mitter/ Udo Schütz (Chassis 002) trat zum Rennen an, fiel aber mit Ventilschaden aus.

Beim nächsten Rennen auf der Nordschleife des Nürburgrings ergab sich die kuriose Situation, das keiner der Porsche Werksfahrer den Wagen fahren wollte, denn in der "grünen Hölle" machten sich die Defizite des 69er 917 und die mangelhafte Feinabstimmung noch stärker bemerkbar. Außerdem war der leichtere Porsche 908/02 auf dem winkeligen Kurs wesentlich schneller.

Da Piëch aber die Devise ausgegeben hatte, den 917 bei allen Rennen einzusetzen und man dringend Rennkilometer in Hinblick auf Le Mans benötigte, engagierte Porsche die BMW-Werksfahrer(!) Hubert Hahne und Dieter Quester. Hahne war 1967 als erster Tourenwagen-Pilot überhaupt in einem BMW 1800 TISA unter 10 min (9.59, 700 min) für eine Runde auf der Nordschleife geblieben. BMW untersagte seinen Werksfahrern nach den ersten Trainingsfahrten aus Sicherheitsgründen den Start (der damalige BMW-Motorenchef Alex von Falkenhausen war der Schwiegervater von Dieter Quester...), und so brauchte Porsche schnellstens Ersatz. Man ließ David Piper und Frank Gardner aus England einfliegen, die gerade noch den letzen Flug erwischten und am nächsten Morgen bei typischem, nebligen Eifelwetter die erste Bekanntschaft mit dem Wagen machten. Beide Fahrer waren von der schieren Kraft und dem schlechten Handling des Wagens beeindruckt und verschreckt zugleich. Im Rennen fuhren die beiden das Auto dann vorsichtig als 8. nach Hause, die erste Zielankunft eines 917 überhaupt. Porsche dankte es den beiden Fahren, indem man das vereinbarte Honorar verdoppelte

Bei den 24 Stunden von Le Mans 1969 erwies sich das Auto als ungeheuer schnell, aber auch hier traten massive Probleme auf. Zum einen waren die Dunlop Reifen zunächst der enormen Geschwindigkeit nicht gewachsen und begannen sich aufzulösen. Zum anderen gab es nun plötzlich Probleme mit der Kupplung. Dazu kam, dass die Sportbehörde CSI jede Art von beweglichen aerodynamischen Hilfen kurz zuvor verboten hatte. Fixierte man die Spoilerklappen am Heck der 917 jedoch, erwies sich das Auto als absolut unfahrbar. Porsches Renndirektor Rico Steinemann einigte sich nach langer Diskussion mit der Sporthoheit und dem Veranstalter darauf, dass die Klappen am 917 Langheck beweglich bleiben durften, beim Typ 908 L aber fixiert werden mussten. Im Gegenzug durften die Ferrari mit einer ebenfalls nicht ganz reglementskonformen Heckfensterverkleidung antreten.

Trotz all dieser Probleme blieb Rolf Stommelen im Training 4 Sekunden unter der Rundenzeit, die der Porsche- Computer als Idealzeit berechnet hatte und fuhr als erster Fahrer eine Höchstgeschwindigkeit vom 350 km/h auf der Moulsanne- Geraden. Zum Rennen trat Porsche mit 3 Fahrzeugen vom Typ 917 an – zwei Werkswagen mit der Besetzung Rolf Stommelen/ Kurt Ahrens jr. (Chassis 007) und Vic Elford/ Richard Attwood (Chassis 008 ) . Ein weiterer 917 (Chassis 005) war an den britischen Geschäftsmann John Woolfe verkauft worden, der damit zusammen mit seinem Landsmann Digby Martland das Rennen bestreiten wollte. Martland warf nach dem Training das Handtuch, er hatte vor dem unberechenbaren Handling des 917 schlicht Angst. Eine vernünftige Entscheidung. Porsche beorderte daraufhin Herbert Linge, den späteren Gründer der ONS Streckensicherungsstaffel, zu Woolfe ins Auto. Linge bot Woolfe an, den Start zu fahren, und auch Piëch versuchte Woolfe den Startturn auszureden, aber dieser lehnte kategorisch ab. So kam es dann in der ersten Runde zur Katastrophe - John Woolfe verlor in der ultraschnellen Kurvenkombination Maison Blanche die Kontrolle über den Wagen. Der voll getankte 917 zerbarst und geriet in Brand. Für Woolfe kam jede Hilfe zu spät. Er sollte das einzige Todesopfer bleiben, dass der Porsche 917 je im Renneinsatz forderte.

Die Werkswagen dominierten indes das Rennen. Der Stommelen/ Ahrens- 917 führte zu Beginn, bekam aber früh Probleme mit einem Ölleck und fiel als Folge dessen in der Nacht mit einem Motorschaden aus. Der zweite 917 unter Elford/ Attwood lag bis zur 21. Stunde mit mehreren Runden Vorsprung vorne und musste dann mit Kupplungsschaden abgestellt werden. Die Fahrer wurden auf Grund der Hitze, des Lärms und des unruhigen Fahrverhalten des Wagens bis weit über Ihre Grenzen belastet. So gesehen waren die Piloten über den Ausfall nicht einmal allzu unglücklich.

Beim 1000 km Rennen auf dem Österreichring im August 1969 feierte man dann den ersten Sieg. Jo Siffert/ Kurt Ahrens fuhren eine stark verbesserte Variante (Chassis 009), die sich vor allem durch breitere Hinterreifen und eine etwas veränderte Aerodynamik vom ursprünglichen Auto unterschied.

Im Oktober 1969 versuchte man an gleicher Stelle mit Hilfe von neuen Feder/ Dämpfer Kombinationen dem schlechten Fahrverhalten des 917 herr zu werden. Außerdem testete man auf Anraten von John Wyer, dessen Team "John Wyer Automotive" Porsche für kommende Saison mit den Werkseinsätzen betraut hatte, statt der bisher verwendeten Dunlop Reifen Pneus von Firestone. Dem bei diesem Test anwesenden Cheftechniker von John Wyer, John Horsman, fiel auf, dass der ganze Wagen mit Mückenresten übersäht war - nur die Spoiler am Heck nicht. Er folgerte daraus, dass diese bei der ursprünglichen Karosserieform nicht richtig angeströmt wurden. Bei Wyer kannte man dieses Problem noch vom Ford GT 40, den JWA in der WM 1969 eingesetzt und zum Le Mans Sieg gegen Porsche geführt hatte. Außerdem bemerkte Horsman, das der bei dem Test ebenfalls gefahrene, keilförmige 917 Spyder rund 4 Sekunden pro Runde schneller war. Da Ferdinand Piech bei diesem Test nicht anwesend war, nutzte die Wyer Crew die Gunst der Stunde und lieh sich bei Porsche den Ersatzwagen (Chassis 008 ) plus Kurt Ahrens als Fahrer aus. Horsman ist sich heute noch sicher, dass Piech ihm jede Unterstützung verwehrt hätte, wäre er vor Ort gewesen. So begann man aber, das Aussehen des Spyders mittels Aluminiumblechen, Poppnieten, Polyester und viel Tapeband auf das 69er Kurzheck zu übertragen. Außerdem entfernte man die Heckkuppel aus Plexidur. Dann verfeinerte man die Form immer wieder, bis man den Zeitvorsprung des Spyders egalisiert hatte. Die Form des 917K war geboren! Kommentar von Kurt Ahrens am Ende des Tests: "Jetzt ist es ein Rennwagen".

Zur Saison 1970 war das Auto nicht mehr wieder zu erkennen. Man hatte dem Wagen über den Winter eine komplett neue Karosserie verpasst, deren Form man im Windkanal von VW optimiert hatte. Auf den abnehmbaren Langheckansatz hatte man verzichtet, ebenso auf die durchsichtige Motorabdeckung. Das 917K genannte Fahrzeug wirkte nun deutlich filigraner und leichtfüßiger.

Die Werkswagen traten im hellblau/ orangefarbenen Outfit des von Gulf Oil gesponserten JWA- Rennstalls an. Da John Wyer als exzentrisch und eigensinnig galt, wollte Porsche sich die Möglichkeit offen halten, Entwicklungen im Rennen einzusetzen, die man bei Wyer nicht haben wollte. Deshalb setze man unter dem Deckmantel der Österreichischen Porsche Vertriebsorganisation „Porsche Salzburg KG“ zusätzliche Fahrzeuge ein. Dieses Team sollte sich im Verlauf der Saison 1970 als die einzige, ernsthafte Konkurrenz für Wyer erweisen.

Da Ferrari mit dem Tipo 512S einen auf dem Papier ebenbürtigen Konkurrenten für die WM gemeldet hatte, legte man bei Porsche auch auf der Motorenseite nach. Man vergrößerte den Hubraum zunächst auf 4,9 Liter, später sogar auf 5 Liter wodurch die Leistung auf rund 625 PS stieg, wichtiger war allerdings der Zugewinn an Drehmoment, den man dadurch erzielte.

Der Triumphzug des Porsche 917 begann.

Porsche krönte die Saison 1970 durch den ersten Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans durch Hans Herrmann/ Richard Attwood. Die beiden erfahrenen Rennfahrer brachten den Wagen (Chassis 023) sicher durch das vom Regenchaos geprägte Rennen. Im folgenden Jahr wiederholten Dr. Helmut Marko/ Gjis van Lennep dieses Kunststück und stellten dabei mit Chassis 053, bei dem statt des üblichen Stahlrohrrahmens ein solcher aus Magnesium verwendet worden war, einen Distanzrekord auf, der bis heute Bestand hat.

Als Ferrari Ende der Saison 1970 mit dem neuen, leichteren und aerodynamisch verbesserten Typ 512M eine potentielle Gefahr darzustellen begann, legte man bei Porsche weitere, aerodynamische Retuschen nach. So gewann man bis Ende 1971 15 von 24 Rennen zur Markenweltmeisterschaft mit dem Typ 917, 3 weitere mit dem Typ 908/03 und war damit die führende Marke schlechthin.

Der Motorsportbehörde war die Porsche Dominanz ein Dorn im Auge und deshalb änderte man das Reglement so ab, dass der 917 nicht mehr startberechtigt und der 3 Liter Porsche 908/03 auf Grund des sehr hoch angesetzten Mindestgewichts chancenlos war.

Porsche zog es deshalb nach Amerika, um dort mit einem turbogeladenen Porsche 917 die CanAm Meisterschaft zu bestreiten und letztendlich auch wieder zu dominieren. Aber das ist eine andere Geschichte.


Dr. Jekyll und Mr. Hyde

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Viele Grüße,

Manfred
19.08.2006 18:27 Manfred Placzek ist offline E-Mail an Manfred Placzek senden Homepage von Manfred Placzek Beiträge von Manfred Placzek suchen Nehme Manfred Placzek in deine Freundesliste auf
Manfred Placzek
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Le Mans 1970, in Pole-Position 25 Vic Elford & Kurt Ahrens "Porsche Salzburg"

Hier gibt es weitere Informationen zum PORSCHE 917:Von Null auf 300 km/h in 11,3 Sekunden

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Viele Grüße,

Manfred
05.11.2006 12:22 Manfred Placzek ist offline E-Mail an Manfred Placzek senden Homepage von Manfred Placzek Beiträge von Manfred Placzek suchen Nehme Manfred Placzek in deine Freundesliste auf
Ute
unregistriert
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Wirklich interessante Story.... kann man nur immer wieder "sagen"

"The Legend Never Dies"
Hier auch noch ein informativer Link zum 917 ->

http://www.gunnarracing.com/project/Carl917/Carl917-1111.htm
06.11.2006 17:25
Baumstruktur | Brettstruktur
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